Religionsgemeinschaft des Islam
Landesverband Baden-Württemberg e.V.

 

Unsere Themen: Islam - Interreligiöser Dialog - Projekte - Informationen über Muslime in Deutschland/Baden-Württemberg

 
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„Kopftücher in Kindergärten? – Rechtssicherheit im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung“

Statement
zur
Anhörung am 26. 10. 2005, 10.00 – ca. 13.00 Uhr
im Landtag von Baden-Württemberg 
 

Die Probleme, die wir aus den Herkunftsländern der Migranten kennen, haben uns auch hier eingeholt. Dazu und über das Kopftuchthema habe ich mich oft geäußert.

Ängste, Unsicherheiten und Aversionen aufgrund vermeintlicher Unterschiede müssen im Umgang miteinander Ausdrucksmöglichkeiten und demokratische Wege finden, dass sie bewältigt werden können.

Das Recht auf individuelle Selbstbestimmung und die Neutralitätspflicht öffentlicher Einrichtungen scheinen hier wieder zu kollidieren. Ein Gesetz, das Rechtsicherheit schafft, ist darum prinzipiell zu begrüßen.

Über die Bedeckung der Frau ist die Aussage im Koran nicht genau definiert. Sure 24 (Das Licht) Vers 31 besagt: „Und sprich zu den gläubigen Frauen, … , dass sie ihre Keuschheit wahren sollen und dass sie ihre Reize nicht zur Schau tragen sollen, und dass sie ihre Tücher über ihre Busen ziehen sollen und ihre Reize vor niemandem enthüllen als vor ihren Gatten …. . “

Die türkischen Koranübersetzungen erwähnen zumeist ausdrücklich das Kopftuch, obwohl dies im Original nicht eindeutig der Fall ist.

Über die zweite Quelle im Islam, den Hadisen, des Weiteren über die Rechtsschulen, begründet sich die religiöse Tradition, dass zur Bedeckung der Frau das Bedecken der Haare dazu gehöre, eher. Das sagt uns etwas über die Gewichtung dieser Sache wie sie in der Religion gesetzt ist, auf was es vorrangiger ankommt und was der Sinn und Zweck ist. Dahingehend ist der Koran eindeutig. (dass es nicht auf ein Stück Stoff mehr oder weniger auf dem Kopf ankommt.)

Die politisch-gesellschaftliche Haltung und Praxis in vielen Ländern bezüglich der Bekleidung der Frauen ruft bei uns hier Kopfschütteln und zu Recht Ablehnung hervor.

Das Vorgehen bekannter totalitärer Regime, Bekleidungsgesetze und Kopftuch für Frauen per Gesetz zu verordnen, ist auch Anlass für Gegenreaktionen.

Da man auf der anderen Seite Religion als Grund für Rückständigkeit verantwortlich machte, war beim Beseitigen religiöser Auswüchse das Verbieten von Religion ebenso Mittel zum Zweck.

Auf diese Weise ist das Thema „Kopftuch“ emotionalisiert und politisiert worden. Das hat auch zu einer Polarisierung der Menschen geführt. Die Vereinnahmung islamistischer Gruppen hat ihr übriges dazu beigetragen.

Europa und Deutschland sind Vorbild für viele Länder der Erde. Wir haben hier einen höheren Standard an Freiheiten, Menschenrechten, Demokratie usw. und brauchen diese primitive Form unterentwickelter Länder nicht nachzuahmen oder uns an ihnen orientieren.

Die Größe eines Volkes zeigt sich auch in ihrem Umgang mit Individualitäten.

Selbstverständlich kann aber die Mehrheit nicht alles hinnehmen, was vor ihren Augen Rückschritt, Einschränkung, Vereinnahmung von Eiferern bedeutet.

Die meisten Muslime sind Nachahmer. Es fehlt ein bewusstes Hinterfragen bestimmter Traditionen.

Folglich beharren manche in einer ignoranten Sturheit auf etwas, was es nicht wert ist. Vor allem erwarte ich von aufgeklärten muslimischen Frauen eine Flexibilität in der Praxis, im Lebensalltag wie sie eigentlich im Islam vorhanden ist.

Es mag in der Tat für manche eifersüchtige Männer eine Befriedigung sein ihre Frauen verhüllt vor den Blicken anderer Männer zu wissen.

In der Weise ist es bedauerlich wie die islamische Religion von Männern mit überkommener patriarchalischer Hintergrundkultur, sexualisiert wurde, wenn sexistisch unterdrückerische Einstellungen, Sitten und Gebräuche nach Willkür scheinreligiös untermauert werden.

Es nützt aber nicht viel, muslimischen Männern pauschal Unterdrückungsmentalität zu unterstellen, auch nicht pauschal im Kopftuch ein Zeichen dessen zu sehen.

Wir Muslime brauchen Aufklärung über unsere Religion Islam. Nebensächliches muss von Wesentlichem differenziert werden, damit Vorrangiges nicht wegen Details vernachlässigt wird. Weder Schuldzuweisungen oder ständiges Reglementieren von der einen wie der anderen Seite helfen weiter, um von Äußerlichkeiten und Scheinreligiösem wegzukommen.

Um es noch mal klar zu sagen: Eine generelle Ableitung, das Kopftuch sei als Symbol der Unterdrückung zu bewerten, ist absolut falsch. Die meisten Kopftuchträgerinnen bedecken sich bewusst, um einem religiösen Gebot nachzukommen. In der Praxis bietet der Islam jedoch genug Flexibilität im Umgang damit ohne mit dem Gewissen in Konflikt zu geraten, wie sie dem mehr oder weniger nachkommen können.

Muslimische Frauen sollten gründlich über ihre Haltung nachdenken, ob und wie sie in welcher Situation ihrem Glauben besser dienen.

Sie zwingen eine von Religion unabhängige, tolerante Gesellschaft Gegenmaßnahmen zu ergreifen, da diese ihre Unparteilichkeit in der Öffentlichkeit schützen will.

Wir müssen auch alle bedenken, Kopftuch tragende Frauen gab es immer und wird es auch immer geben. Befürworter und Gegner sollten ihre harte Linie und kompromisslose Haltung ausgehend von diesen diversen Komplotttheorien überwinden.

Unsere Auseinadersetzung mit dem Kopftuch ist wie der Kampf des Don Quichotte gegen die Windmühlen. Durch diese Öffentlichkeit wird ein Kleidungsstück aufgewertet, das es eigentlich nicht wert ist.

Ein generelles Verbot halten wir für einen falschen Weg.

Die Entscheidungsmöglichkeit sollte bei den Kommunen liegen. Je nach Bedarf und Umfeld sollten sie es selbst verbieten oder erlauben können.

Eine Kommune ist in der Integration, in der Konfliktvermeidung, für besseres Zusammenleben die erste Adresse.

Sie sollte auch die jeweilige Entscheidungsfreiheit haben, damit sie somit auf die Sorgen der in den Erziehungsangelegenheiten sensibilisierten Eltern unmittelbar und nachhaltig reagieren kann.

Ein Gesetz, das ein Schritt zurück hinter gängiger Praxis und womit die einen oder anderen Kommunen bis jetzt gut zu recht gekommen sind, bedeutet, darf es nicht sein.

Ich bitte die CDU und die anderen Fraktionen die Gesetzesinitiative in diese Richtung zu unterstützen.

Ein generelles Verbot wird unter den konservativen Muslimen den Unmut stärken, da sie sich sowieso in der Opferrolle sehen. Ihre Einbindung in diese Gesellschaft wird schwieriger.

Unsere Erfahrung lehrt, dass Überzeugungen sich durch Verbote nicht beseitigen oder ändern lassen, aber durch Aufklärung schon.

Ali Demir
Vorsitzender
RG des Islam LV BaWü e.V.
 
 
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